Blockierter Wandel? Denk- und Handlungsräume für eine nachhaltige Regionalentwicklung
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Die Ausstellung: Und plötzlich bist Du dabei!
gefördert vom: Bundesministerium für Bildung und Forschung

Blockierter Wandel?

Abschlusskonferenz am 27./28.01.2006 im BBFZ Dessau
Ulrike Schumacher/Babette Scurrell
Blockierter Wandel? – Über das „ob“ und „wie“ dieser Frage diskutierte am 27./28.01.06 der gleichnamige Forschungsverbund mit rund 50 Teilnehmer/-innen aus der Region und dem Bundesgebiet im Bürger-, Bildungs- und Freizeitzentrum Dessau (BBFZ). Von verschiedenen Seiten wurden „Denk- und Handlungsräume einer nachhaltigen Regionalentwicklung“ beleuchtet: Zunächst präsentierten die Forscherinnen ihre Ergebnisse und ließen sie von Heike Brückner (Stiftung Bauhaus Dessau), Prof. Dr. Roland Roth (Hochschule Magdeburg-Stendal), Prof. Dr. Ulrike Weiland (Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle) und Birgit Schmidt (Wohnbundberatung Dessau) kommentieren. Dabei wurden zunächst hierarchische Dichotomisierungsprozesse identifiziert (z.B. Natur-Kultur, Produktion-Reproduktion), die anscheinend mit Ohnmacht auf Seiten des jeweils „Wertlosen“ oder Ausgegrenzten einhergehen. Diesen (oftmals in den Köpfen verankerten) Mustern stehen die interdisziplinären Ergebnisse gegenüber, die gerade auf die Zwischenräume, Vermischungen und Übergänge zwischen den Sphären verweisen. Diese hybriden Strukturen finden sich im Alltagshandeln und in Partizipationsprozessen, in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Institutionen und Instrumente werden von den regionalen Akteuren bereits entwickelt und genutzt, um neue Wege bei der Transformation des Raumes, der Raumnutzung und –gestaltung zu gehen. Am darauf folgende Tag wurden deshalb auf einem „Marktplatz der Möglichkeiten“ Aktivitäten der beteiligten Praxispartner/innen vorgestellt, z.B. dem Netzwerk Gemeinwesenarbeit Wolfen-Nord, dem Wildnisprojekt „Goitzsche“ des BUND Sachsen-Anhalt, dem ehrenamtlichen Biberschützer K.-A. Nitsche, dem BUND-Elbeprojekt „Dialog im Boot“, der Initiative Dessau/ Anhalt Dessau AG und dem Netzwerk „Jugend. Zukunft. Region“. Die Kommentator(inn)en aus der Wissenschaft lobten die gründliche theoretische Fundierung sowie die gelungene interdisziplinäre Arbeit und baten um eine Aufarbeitung und Publikation der Erfahrungen der inter- und transdisziplinären Kooperation. Die kommentierenden Praxispartner/innen hoben die Impulse hervor, die sie aus der begleiteten Reflexion ihrer Tätigkeiten erhielten.
Präsentationen
uebergreifende_ergebnisse.ppt    8.87 MB
vom_handeln_zum_lernen.ppt    3.44 MB
Die Forscherinnen beschrieben in ihrer Darstellung, wie Blockaden entstehen, indem wir in unserem Denken und Handeln Gegensätze wie z.B. Natur-Kultur, Produktion-Reproduktion, Theorie-Praxis entsprechend der bestehenden Hierarchien immer wieder herstellen. Weil die gesellschaftlichen Strukturen so sind, dass wir bezahlte Arbeit für unsere Existenzsicherung brauchen, scheint die unbezahlte nichts wert zu sein. Weil die Gesellschaft vorgibt, alles über Markt und Geld zu regeln, scheint es, wir müssten reich sein, um uns Naturschutz leisten zu können. So geht mit der Herrschaft des Einen einher, dass das jeweils „Andere“ ausgegrenzt und abgewertet wird. Die Untersuchungsergebnisse zeigen jedoch auch, dass wir uns viel mehr in Zwischenräumen und Übergängen bewegen, als gemeinhin angenommen oder wahrgenommen wird. Diese Vermischungen nennen die Forscherinnen „hybride Strukturen“, die sich im privaten Alltag und in Partizipationsprozessen, in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft finden lassen. Netzwerke, Stadtteilprojekte und Initiativen gehören dazu, wie auch andere regionale Unternehmen – ihnen ist gemeinsam, dass sie neue, oftmals kooperative Wege gehen, um den Lebensraum zu gestalten und zu nutzen.
Auch die Protagonisten des Marktplatzes berichteten von den Schwierigkeiten und Möglichkeiten in diesen Zwischenräumen. Sie wirkten später auch in den Arbeitsgruppen mit, die zu den Themen „Aushandlung“, „Nachhaltiges Wirtschaften“ und „IndustrieNatur/StadtNatur“ tagten. Hier wurde z.B. gefordert, neue „Aushandlungsräume“ zu schaffen, in denen eingefahrene Positionen verlassen werden können und eine neue Kultur des Aushandelns entstehen kann. Bewährt haben sich Verhandlungen im öffentlichen Raum und in dem Rahmen, um den es bei Konflikten geht, bspw. beim „Dialog im Boot“ auf der Elbe, im Stadtteil oder vor den Plattenbauten. Hier gibt es keine Patentrezepte, aber solche Verständigungsprozesse beginnen bereits, wenn zwei sich gegenüberstehen, sie gehen über den Austausch zwischen verschiedenen Akteuren bis zu offiziellen Beschlüssen. In einer weiteren Gruppe wurden regionale bürgerschaftliche Unternehmungen besprochen, die wichtige Beiträge zur regionalen Wertschöpfung leisten. Während herkömmlich oft nur die Wertschöpfung marktorientierter for-profit-Unternehmen anerkannt wird, sind die Leistungen von gemeinwohlorientierten, sozialen Unternehmungen nicht immer sichtbar. Politiker/-innen sollten stärker auf solche Unternehmungen zugehen, um sie zu unterstützen. Hilfreich könnte eine „Wertschöpfungslandkarte“ der Region sein, die zeigt, wo welche Werte geschaffen werden. Die Vermischung von Natur und Kultur wurde am Beispiel der Goitzsche oder der Biberwanderung in die Städte deutlich: Beide zeigen, dass die Unterscheidung Natur-Kultur hinfällig geworden ist – es geht darum, Raumnutzungen auszuhandeln und Wege zu finden, der stimmlosen Natur wie den nachfolgenden Generationen eine Stimme zu geben.
Für die Region hat das Forschungsprojekt zur Folge, dass regionale Akteure verstärkt zueinander gefunden und gemeinsame Ideen entwickelt haben; auch der „Marktplatz der Möglichkeiten“ wurde genutzt, um neue Kontakte zu knüpfen und gemeinsam Ideen zu entwickeln. Um die Vorhaben auch umzusetzen, ist das Engagement vieler notwendig. Wie viel bereits in der Region in Bewegung ist, wird eine erneute Ausstellung „Und plötzlich bist Du dabei!“ zeigen, die in den ersten beiden Maiwochen im EXPO-Bauwagen am Dessauer Rathaus zu sehen sein wird.
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